OTA-Mythen #3 – OTAs sind Partner
Serie über Buchungsportale – Folge #3:
Hotels und Buchungsplattformen sind Partner – nein
Das Verhältnis zwischen Reiseanbietern wie Hotels und Transportunternehmen auf der einen und Reisebüros auf der anderen Seite, war noch nie frei von Belastung. Große Reiseveranstalter nutzten schon immer ihre Größe, um beim Verkauf der Reisen ordentlich mitzuschneiden. Als sich das Geschäft zunehmend ins Internet verlagerte, wurden die alten Platzhirsche für Hotelbuchungen wie Thomas Cook durch die neue Spezies an Online Travel Agencies (OTAs) verdrängt. Der größte Vertreter seiner Art ist Booking.com.
Marktbeherrschende Stellung
Die wenigen globalen Online Travel Agencies vereinen sehr viel Marktmacht. Nach Zahlen des Schweizer Professors Schegg wird in Europa jede vierte Hotelbuchung über Buchungsportale vermittelt – mit wachsendem Anteil.
Wenn ein Marktteilnehmer zu viel Macht hat, nennt man das ein Monopol. Das Manager Magazin überschrieb 2017 die Titelstory über Booking.com:
„Wie der Internetgigant das Reisen monopolisiert, …“
Und die Konzentration geht weiter, und damit steigt die Macht der Portale. Wie gehen sie mit dieser Macht um? Die großen Buchungsportale sind börsennotierte Unternehmen – nur HRS ist noch in Privathand. Unternehmen möchten im Allgemeinen ihre Gewinne optimieren. Das ist die Triebfeder hinter allen Innovationen. Wer etwas anderes erwartet, kann nur enttäuscht werden.
A new era of Partnership?
Eine neue Ära der Partnerschaft zwischen Portal und Hotel? So heißt das nur in den Werbeaussagen der Portale.
Im Folgenden ein paar Beispiele für ganz und gar kein partnerschaftliches Verhalten.
Brand Bidding
Welcher Partner bucht einem den eigenen Namen bei Google Anzeigen weg, treibt dafür die Preise in die Höhe und brüstet sich dann mit Partnerschaft? Das sogenannte Brand Bidding ist immer noch eines der umstrittensten Themen. Lösung nicht in Sicht.
Die Britische Bed & Breakfast Association forderte unlängst ein Verbot für das Brand Bidding, also das Schalten von Anzeigen in Suchmaschinen auf den eigenen Hotelnamen durch fremde Portale. Eine Petition wurde gestartet, die fordert, diese Praktiken zu verbieten. Google hätte einem Hotelier gesagt, nur wenn er mehr als 900 Britische Pfund im Monate ausgäbe, könne er das Einbuchen von Booking.com auf seinen Namen überbieten.
Konditionenverführung
OTAs möchten ihren buchenden Kunden möglichst flexible Stornobedingungen bieten. Das Hotel möchte Planungssicherheit und möglichst wenig Stornierungen, bzw. wenn schon flexibel, dann gegen einen höheren Preis. Booking.com versucht beides unter dem Begriff risikofreie Buchung zu verbinden – was rauskommt ist möglicherweise kurzfristig eine Steigerung der Auslastung aber langfristig ein Verlust an Vertrauen in den Hotelbetrieb und wieder eine stärkere Bindung des Gastes an das Portal. In bestimmten Konstellationen wandert die günstigste Rate mit flexiblen Bedingungen damit automatisch zu Booking.com, auf der eigenen Webseite sind nur noch die härtere Stornobedingung oder der teurere Preis buchbar. Uuups, schon wieder vom Portal unterboten.
Mehr dazu in diesen englischsprachigen Artikeln auf Triptease bzw. Mirai.
Preisdiktat 2.0
Der erste Teil dieser Serie über Mythen rund um OTAs behandelte den Wettstreit um den „besten Preis“. Nach dem Ende der Preisparitätsklauseln, mit dem Portale die Hotels verpflichtet hatten, woanders keine günstigeren Preise anzubieten, emanzipierten sich viele Hotels und boten ihre Zimmer über die eigenen Verkaufskanäle günstiger an. Um im Wettstreit an der Preisfront nicht ins Hintertreffen zu geraten, lassen sich Portale neue preisregulierende Mechanismen einfallen.
Booking.com experimentiert in den letzten Monaten mit zwei verschiedenen Aktionen:
a) Booking.Basic
Hat ein Hotel mit einem Reiseveranstalter günstigere Zimmer-Raten als bei Booking.com, und hat Booking.com über Partner diese Preise im eigenen System, wird in manchen Ländern dieses günstigere Angebot unter dem Label „Booking.basic“ dem Gast auf Booking.com angeboten. Uuups, wieder der hoteleigene Preis vom Portal unterboten. Damit soll Druck aufs Hotel aufgebaut werden, um doch wieder eine Preisparität herzustellen. In Österreich sei diese Praxis übrigens rechtlich nicht möglich, sagt die Österreichische Hoteliervereinigung ÖHV.
b) Vorteil bei frühzeitiger Zahlung – „Sponsored Discount“
Große Hotels verkaufen dasselbe Bett, neben anderen Preisen mit flexibleren Stornobedingungen, zu einer besonders günstigen nicht-stornierbaren Rate (mehr über Ratenlogik in diesem eCoach-Artikel). Booking.com bietet in ausgesuchten Situationen nun dem Gast dieselbe Möglichkeit – ohne dass der Hotelier davon etwas weiß oder dass er zugestimmt hätte. Das ist ein klarer Eingriff in die Preishoheit des Anbieters – obwohl Booking.com den Preisnachlass selber trägt.
Booking.com begründet diesen Schritt so:
“So können wir unsern Kunden einen überzeugenden Preis anbieten, wenn wir Anzeichen sehen, dass wir möglicherweise nicht die wettbewerbsfähigsten Preise erhalten.“
Abgewickelt wird der Vorteil bei frühzeitiger Zahlung über die Zahlungsvariante bei der Booking.com das Geld vom Gast kassiert. Passiert die Weiterleitung des Geldes an den Betrieb via Banküberweisung, werden für diesen Service in Zukunft Extra-Provisionen in der Höhe von 1,2 % fällig. Eine zehnprozentige Provisionserhöhung (12 + 1,2 = 13,2 %) durch die Hintertüre. Begründet wird das mit Kosten für die Zahlungsabwicklung. Was nicht gesagt wird: Mit den Mehreinnahmen lassen sich natürlich Rabatte an den Gast leichter finanzieren. Wer sponsert also wirklich den Discount?
Deaktivieren lässt sich diese Form des Preis-Unterbietens durch den Verzicht auf Zahlungsabwicklung Gast an Booking.com bzw. online Payment mit der virtuellen Kreditkarte.
Drei Zahlungsvarianten bei Booking.com
Nicht die Interessen des Hotels
Die Sichtweise eines Hotels auf sein keineswegs partnerschaftliches Verhältnis mit Booking.com liest man sehr gut aus einem Beitrag im Heise-Forum zu einem Artikel über Booking.coms Praktiken:
„Ich habe ein kleines Ferienhotel. Leider kommt man um Booking.com nicht mehr herum. Booking zahlt Google monatlich einen fünfstelligen Betrag um in der Suche ganz oben zu stehen. Das ist ärgerlich, da die hoteleigene Website erst weiter unten steht und viele Gäste bei Booking hängenbleiben.
Ich biete über meine Seite die Zimmer auch günstiger an, da ich dann ja auch keine Provision zahlen muss. Die Provision bei Booking.com liegt Minimum bei 12%. Nachdem wir ein Jahr mit Booking gearbeitet haben und ich in einem Telefonat meine Unzufriedenheit geäußert habe, sagte man mir, da lässt sich doch etwas machen. Um besser gefunden zu werden, muss man einfach die Kommission erhöhen. Dann bekommt man auch den gelben Daumen nach oben. Es funktioniert. Bei mir liegt der Höchstsatz bei 30%. Wer den zahlt? Vermute die ganz grossen Hotels um aufzufüllen. Von Booking wird viel geschoben im Hintergrund. Nervig auch die steten Vorschläge von Booking wie man seine Auslastung erhöhen kann. Gewähren sie ihren Gästen 50% Rabatt und erhöhen sie ihre Kommission. Was bleibt da noch über? Oder Anrufe Stornogebühren zu erlassen. Ich kann nicht bestätigen, dass Booking die Interessen der Hotels vertritt.“
Nicht Partner, sondern Marktteilnehmer
Buchungsportale sind Marktteilnehmer – nicht mehr, nicht weniger. Also sollten wir sie so behandeln, mit Respekt – und gesundem Hausverstand. Nicht jede Werbemöglichkeit und Sonderaktion, die gut klingt, nützt auch den Zielen des Betriebs.
Was also tun? Jammern hilft nicht weiter. Wettbewerb belebt das Geschäft, auch entlang der Wertschöpfungskette. Also gilt es zu lernen von den Großen der Branche und zu gewinnen dort, wo die eigenen Stärken zum Tragen kommen. Die persönliche Beziehung zum Gast hat sonst niemand, außer dem Gastgeber. Ein paar konkrete Ansätze dazu folgen im nächsten Beitrag auf eCoach.at.