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OTA-Mythen #1 – Hotelportale sind günstiger

Serie über Buchungsportale #1: Hotelzimmer sind auf Buchungsplattformen günstiger?

Zu Beginn dieser neuen Beitragsserie über Online Travel Agencies (OTAs) – also über Buchungsportale wie Booking.com – starten wir gleich mit dem heißesten Eisen: Preise! In der Vorstellung vieler Verbraucher sind Buchungsportale günstiger. Stimmt, oder stimmt nicht? Bevor ich aktuelle Studien dazu vorstelle, hier kurz der „geschichtliche“ Hintergrund.

Ratenparität war gestern

Noch bis vor wenigen Jahren war es die Regel, dass es Hotels in ihrem Vertrag mit Buchungsportalen verboten war, auf anderen Webseiten und vor allem ihrer eigenen Webseite, Zimmer günstiger anzubieten als auf dem Portal. Diese sogenannten Raten-Paritäts-Klauseln wurden in vielen Ländern inzwischen verboten, weil sie den Wettbewerb behindern. Wer nochmal nachlesen möchte, dem empfehle ich diesen englischen Artikel zur Geschichte der Ratenparität und der gesetzlichen Verbote.

Seit dem Wegfall der Vertragsklauseln mit denen Buchungsportale ihren Hotelpartnern verboten hatten, auf anderen Webseiten günstiger zu sein, herrscht Freiheit in der Preisdifferenzierung. Doch wie wird diese Freiheit genützt? Die Theorie sagt: wenn Preise auf eigenen Vertriebskanälen günstiger sind, erreiche ich eine Lenkungswirkung. Mehr Gäste buchen direkt, das Hotel spart Provisionen und gewinnt direkte Kundenbeziehungen – nur Vorteile, also. Sollte man meinen.

Preisvergleich: Hotel direkt am günstigsten (Metasuche Google Hotelfinder)
Preisvergleich: Hotel direkt am günstigsten (Metasuche Google Hotelfinder)

In 25 % der Fälle sind Hotelwebseiten günstiger

Eine kürzlich veröffentliche Studie mit umfangreichen Daten zur Preisdifferenzierung nach Vertriebskanälen – allerdings mit Zahlen von 2016 – fand, dass jedes vierte Angebot auf der hoteleigenen Webseite günstiger als auf Buchungsportalen war:

„Die Daten weisen darauf hin, dass zumindest ein Teil der Hotels ihre Preise über verschiedene Vertriebskanäle hinweg differenzieren. So ist jedes vierte Angebot auf der hoteleigenen Webseite günstiger als bei einem Hotelbuchungsportal.“

(Studie „Hotel Rankings of Online Travel Agents, Channel Pricing and Consumer Protection“ des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim gemeinsam mit Forschern der Télécom ParisTech und dem Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie)

Die Wissenschaftler verglichen Preise der Zimmerangebote von mehr als 18.000 Hotels. Dazu analysierten sie Suchergebnisse auf Booking.com und Expedia sowie der Metasuchseite Kayak im Zeitraum zwischen Juli 2016 und Januar 2017 für 250 Städte in verschiedenen Ländern.

 43 % der Zimmer auf Hotelwebseiten günstiger

In einer aktuelleren Erhebung vom März 2019 fand das Portal mydealz im weltweiten Vergleich von 750 Hotels:

„Vergleichsweise oft erwies sich der direkte Buchungsweg als der günstigste: Über ihre eigenen Internetseiten boten die 750 ausgewählten Hotels immerhin vier von zehn Zimmern (43,1 Prozent) am günstigsten an und lagen sonst im Mittel „nur“ 15,2 Prozent über dem Bestpreis.“

Die Zahlen für 80 verglichene Hotels aus Deutschland:

„Immerhin 47,5 Prozent der achtzig Hotels boten ihre Zimmer bei der Stichprobe über die eigene Internetseite preiswerter an als über eines der Buchungsportale. Und in weiteren 7,5 Prozent der Fälle boten Hoteliers Zimmer zum durchgehend gleichen Preis an.“

Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass 45 % (= 100 – 47,5  – 7,5) der Betriebe von Buchungsportalen unterboten wurden!

Bis zu 47 % der Preise durch OTAs unterboten!

Der britische Tool-Anbieter OTA Insight folgerte aus seinen Daten im Parity Report für Europa, dass 2019

bei großen Hotelketten in 36% der Fälle Angebote auf OTAs günstiger als auf Hotelwebseiten waren, für unabhängige Hotels und kleine Ketten sogar in 47 % der Fälle!

OTA unterbieten Hotelpreise (Quelle: Hotel Parity Review, OTA Insight)
OTA unterbieten Hotelpreise (Quelle: Hotel Parity Review, OTA Insight)

Selbst die eigentlich versierten Hoteliers des Direktbuchungstool-Anbieter Triptease werden nach eigenen Angaben aktuell

von Booking.com in 11,7% der Preisabfragen unterboten.

Doch wie entstehen die günstigeren OTA-Preise, wenn sie eigentlich vom Hotel gar nicht gewollt sind?

Nicht aufgepasst

Das passiert den aufgewecktesten Hoteliers: eine Aktion („Osterangebote“ etc.) bei Booking.com abgeschlossen und, uups, plötzlich verkauft Booking.com das selbe Zimmer günstiger als das Hotel auf der eigenen Webseite. Dabei hätte nur derselbe Discount auch im eigenen Hotelprogramm eingetragen gehört. Immer noch Realität. Leider.
‚Nicht aufgepasst‘ ist bestimmt der häufigste Grund fürs Unterbieten. Aber es gibt noch andere weniger offensichtliche Lücken im System.

Ratenmischung

Manchmal spielt die Technik einen Streich. Beispiel: Ein Hotel bietet einen Spezialpreis für 2 Nächte 20.-22. des Monats. Gast sucht auf Buchungsplattform 21.-23., also eigentlich außerhalb des Promotion-Zeitraums. OTA weist trotzdem einen Preisreduzierung aus: Normalpreis der zweiten Nacht + Spezialpreis der ersten Nacht im Durchschnitt. Natürlich sollte dieser Fall im Hotelprogramm eigentlich regelbar sein. Mehr dazu in diesem Artikel.

Wiederverkäufer im unreglementierten Markt

Eine zu wenig beachtete Quelle von Tiefst-Preisen auf Buchungsplattformen sind unreglementierte Reisebüros und Wiederverkäufer (Wholesaler). Dank ihrer großen Margen können sie Zimmer an Buchungsplattformen mit Preisnachlass weitergeben. Merke: das Hotel selber hat gar keinen Vertrag mit diesen Plattformen. In dem Glauben, dass Preise für Veranstalter nie öffentlich sind, werden so Hotels über Umwege unterboten und merken es oft gar nicht!

Für Deutschland identifiziert OTA Insight die Hotelbeds-Gruppe  mit Sitz in Palma de Mallorca als die häufigste Quelle unter den Veranstaltern fürs Unterbieten. Die ehemalige Tui-Tochter formt seit 2017 zusammen mit Tourico Holidays und GTA Travel eine Gruppe und ist nach eigenen Angaben „the World’s leading Bedbank“. Buchungsportalen, die sich an dieser Bettenbank bedienen wollen, verspricht Hotelbeds  auf ihrer Webseite:

„take advantage of exclusive rates and deals you won’t find anywhere else“

Na bitte.

Die am häufigsten unterboten Preise auf einer Buchungswebseite kamen nach diesen Zahlen für Deutschland von amoma.com (aus der Schweiz) – eine Buchungsseite mit generell gemischten Erfahrungsberichten im Netz.

Das Hotel hat den Schaden

In vielen Studien ist nachgewiesen, dass günstigere Preise auf Buchungsplattformen dem Hotel nachhaltig schaden. Die negativen Folgen sind:

  • Sinkende Erträge wegen
    • Schlechtere Conversion-Rate für Buchungen über die eigene Webseite (Studie von Triptease: Hotels, die bis maximal in 10% der Preisabfragen auf OTAs unterboten wurden, hatten eine um 34% höhere Conversion-Rate als Hotels, die in 30%-40% der Preisabfragen unterboten wurden.)
    • Damit höheren Kosten für Provisionen an Portale
    • Und sogar höhere Kosten für die eigenen Google Ad Words Kampagnen, vgl. diese Studie
  • Konflikte mit anderen Vertriebspartnern – kein Kanal will schließlich schlechter gestellt werden
  • Beschädigtes Ansehen und verärgerte Stammgäste

Der zuletzt genannte negative Image-Effekt von günstigeren Preisen auf Buchungsplattformen als direkt beim Hotel, wiegt langfristig am schwersten. Wenn das Hotel als Abzocker wahrgenommen wird, bucht niemand mehr – egal über welchen Kanal. Als kleiner Einblick in die Wahrnehmung verschiedener Preise durch den Gast, hier ein Forum-Kommentar zu einem Artikel über die eingangs erwähnte ZEW-Studie über OTAs und Konsumentenschutz.

„Je größer die [Preis-]Abweichung mit desto geringerer Wahrscheinlichkeit buche ich das Hotel, da ich glaube, dass der günstigere Preis das ist, was sie rentabel anbieten können und der andere Preis ein Abzockversuch ist.“

Fazit

  • Nach dem Fall der Preis-Paritäts-Klauseln nutzen immer mehr Hotels die Chance, ihre Preise auf Portalen anzuheben
  • Es ist für die Wirtschaftlichkeit des Hotels empfehlenswert, Bucher über eigene Kanäle (Webseite des Hotels und der Region) besser zu stellen. Das ist dem Gast gegenüber leicht begründbar („Direktbucherbonus“).
  • Gleichzeitig sollten die Preise auf kommerzielle Portale untereinander nicht differenziert werden. Der Gast verliert sonst leicht das Preisvertrauen
  • Verträge mit Reiseveranstaltern sollten genau regeln, ob und in welchem Umfang, Angebote und Preise weiter gegeben werden. Unreglementierte Kanäle sind die größte Bedrohung für eine klare Preisstrategie des Hotels.

Mehr über Fehler in der Zusammenarbeit mit OTAs in diesem Artikel auf eCoach.at

9 Gedanken zu „OTA-Mythen #1 – Hotelportale sind günstiger

  • Pingback: Vorfahrt Direktbuchung – jetzt erst recht – eCoach.at

  • Pingback: OTA-Mythen #2 – Allein der Preis zählt – eCoach.at

  • Pingback: OTA-Mythen #3 – OTAs sind Partner – eCoach.at

  • Pingback: Alternativen zu Buchungsportalen - OTA-Mythen #4 | eCoach

  • Pingback: Hotels und Buchungsplattformen sind keine Partner | eCoach

  • Pingback: Der Preis zählt bei Buchungen - Mythen über OTAs #2 | eCoach

  • Hendrik Maat

    Man sollte sich allerdings sehr gut überlegen wie man mit die Preise auf die OTA`s umgeht. Sollte eine OTA feststellen, dass die Preise auf der eigene Webseite regelmäßig günstiger sind, (und damit einen schlechten PQS score erzielt), hat man gute Chancen, dass booking.com einem „bestraft“ und die Hotelpreise automatisch unterbietet in dem sie einfach ein Teil der Kommissionen nehmen und als Rabatt für den Gast ansetzen. Dieses Verfahren ist auch bekannt unter dem Begriff „EPB-discount“.

    Ich wurde daher dringends abraten davon, bessere Preise auf die eigene Webseite anzubieten, sondern die Preise gleich zu lassen. Man kann natürlich eine bessere (inkl.) Leistung auf die eigene Webseite bieten, aber nur solange dies für den OTA`s nicht über die Preisgestaltung wahrnehmbar ist. Zum Beispiel: „gratis Flasche Wein auf dem Zimmer bei Direktbuchung“.

    Voraussetzung für (mehr) Buchungen via die eigene Webseite sind übrigens nicht unbedingt bessere Preise.. sondern die online Buchbarkeit, professionelles auftreten, DSGVO Konformität, ssl Verschlüsselung usw. Es geht darum, das vertrauen des Gastes zu gewinnen, nicht darum den besten Preis zu bieten. Mit den gleichen Preis und 100% vertrauen vom Gast gewinnt man immer.

    mehr dazu in diesem Beitrag: https://www.linkedin.com/pulse/you-ready-hand-over-your-pricing-strategy-jens-egemalm/

    Antwort
    • chefbenutzer

      Hallo Hendrik, dieser Artikel war ja erst der erste der neuen Reihe über Buchungsportale – zum Thema der sich verändernden Partnerschaft mit OTAs kommen wir noch. Nur so viel vorab: nach meinem Wissen werden die „abstrafenden“ Tests von Booking.com derzeit bei Betrieben eingesetzt, die einen PreisQualitätsScore (PQS) unter 70 haben. Für kleinere Häuser, die keine Raten über Veranstalter-Verträge haben, aufgrund derer Booking.com zur automatisch Preise abgleichen kann, bleibt das Risiko vorerst gering. Und, ja, ein Direktbucher-Zuckerl anzubieten ist natürlich auch ein gangbarer Weg.
      Was ist denn mit dem Preisvergleichs-Widget von Easybooking? Benützen das noch Eure Kunden?

      Antwort
      • Hendrik Maat

        Alles gut, dann freue ich mich auf die kommende Artikel.

        Unser Preisvergleichstool (darf ich erwähnen, dass wir damit als erstes am Markt waren?:) https://blog.easybooking.at/easybooking-bringt-den-preisvergleich-direkt-auf-die-vermieter-website/. Das Widget wird Standard eingebaut in die Webseiten die wir für unseren Kunden machen. Wenn die Webseiten von den Kunden selbst gemacht werden, oder von deren Webdesigner, entscheiden die Kunden selbst. Ich wurde sagen, dass ca. ein drittel von unseren Kunden das Widget einsetzen. Es ist allerdings nicht ganz einfach damit zu arbeiten, da bei viele verschiedene Rabatte und Zuschläge auf die eigene Preise und verschiedenen Deals und Kampagnen bei den OTA`s den Vergleich nicht immer herzustellen ist. Damit das richtig funktioniert sollte auch das Mapping auf 1:1 basieren keine Multiple Kategorien kreuzweise verknüpft sein. Du weißt ja wie komplex das manchmal werden kann ;).

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