Trivago mit unseriösem Telefon-Verkauf
Trivagos neue (Un)kultur im Umgang mit Hotels und Vermietern
„Trivago muss sparen, um wieder profitabel zu werden“, titelte das Handelsblatt in einem Artikel am 25.07.2018. „…Die Ursachen für das abflauende Geschäft liegen vor allem an der Zurückhaltung der beiden wichtigsten Kunden Booking und Expedia … Trivago will nun gegensteuern und mehr Hotels direkt auf den Bietermarktplatz holen. Das soll den Wettbewerb wieder anheizen, von dem der Hotelpreisvergleich lebt.“
Vorzeige-Start-up #Trivago muss sparen, um wieder profitabel zu werden. #Düsseldorf #startup #Gründer #Hotel
https://t.co/0KGZ62dXeJ— Katrin Terpitz (@katerpitz) 25. Juli 2018
Kurz zur Erklärung: Trivago ist eine Metasuchmaschine (mehr zum Prinzip Metasearch in diesem eCoach-Beitrag). Sie zeigt Angebote (Listings) von großen Buchungsportalen (OTAs) und verdiente (bisher) am Weiterleitungs-Klick auf eben diese. Das Geschäft läuft aber nicht mehr so, seit Booking.com weniger Anzeigen auf Trivago bucht. Hintergrund: Trivago gehört seit 2012 zu ca. 60% zum Booking-Wettbewerber Expedia!
Plan B: viele Hotels direkt anschließen
Also müssen andere Einnahmequellen für Trivago her. Anscheinend wurde das Geschäftsfeld direkte Verträge mit Unterkünften dazu auserkoren, die Bilanz zu retten. Trivago hat dafür eine kostenpflichtige Variante ihres Hotel Managers – mit dem Zusatz Pro – entwickelt, mit dem Hotels nicht nur ihre Daten auf Trivago steuern sondern auch zum Beispiel „Sonderangebote“ veröffentlichen können (vgl. diesen Artikel in der Allgemeinen Hotel- und Gastronomie-Zeitung vom März 2018).
Das ist eigentlich eine nette Idee, die Hotels zu mehr direkten Buchungen verhelfen könnte. Aber, Verträge mit Unterkünften direkt statt mit wenigen großen Buchungsplattformen zu machen, ist ein mühsames Geschäft. Das gibt auch Trivago-Chef Rolf Schrömgens im Gespräch mit dem Handelsblatt zu: „Die technische Anbindung einzelner Hotels ist bisher der Flaschenhals und eine Herausforderung“. „Bis sich noch mehr Hotels direkt mit Trivago verbinden können, dauere es seine Zeit. Dafür hat Trivago eine eigene Geschäftseinheit gegründet.“
Business-Fiction
Vielleicht habe ich zu viele Berufsjahre in Konzernen verbracht, auf jeden Fall regt obige Aussage von Herrn Schrömgens meine Phantasie an …
Ich sehe ein Meeting in dem hochbezahlte Berater auf Powerpoint-Folien zeigen, wie der Business Case Hotelverträge aufgeht. Dann unterbricht der Technik-Vorstand den Vortrag, er hätte keine passende und skalierbare Lösung für den Anschluss der Vielzahl an Hotelprogrammen auf dem Markt parat. Dann meldet sich der Vertriebsvorstand zu Wort und sagt, er habe gar nicht die Leute dazu, um so viele Kunden zu akquirieren und zu betreuen. Was sagen wir jetzt den Aktionären, fragt der CEO? Genau, Geschäftsfeld einfach auslagern, sagt der Finanzvorstand, bingo, Problem erkannt, Problem gebannt.
Und diese neue Geschäftseinheit bekommt dann „herausfordernde“ Vorgaben – die leider kaum zu schaffen sind. Bis einer der aufstrebenden Manager auf eine Idee kommt und seinen alten Kontakt bei einer Direktmarketing-Firma anruft. Die beauftragen wiederum ein zwar für raues Vorgehen bekanntes aber erfolgreiches Call-Center mit Akquiseanrufen. Die Telefon-Verkäufer sehen nur ihre Provision vor Augen und verkaufen auch ihre Großmutter, wenn es sein muss.
Merke: Die Geschichte bis hier entstammt voll und ganz meiner Phantasie!
Fakt ist nur, dass eine mir bekannte Unterkunft Anfang Juli von einem Telefonverkäufer kontaktiert wurde, der mit unseriösen Mitteln die Vermieterin am Telefon zum Abschluss eines Jahresabos für das Trivago-Tool Hotel Manager Pro im Wert von EUR 264,34 überredete.
Es ginge um eine einmalige Gelegenheit, eine Werbemöglichkeit für ihre Frühstückspension auf der Metasuchplattform Trivago – jetzt natürlich besonders günstig. Der Anrufer forderte die Vermieterin auf, sich sofort an den PC zu setzen und eine Internetadresse aufzurufen. Dort sah man das Angebot inkl. Ersparnis. Dann sollte sie ihre Bankdaten eingeben. Der Anrufer beschwichtigte, dies sei nur ein Test. Die Vermieterin tat es und – Schwupps – am nächsten Tag waren tatsächlich EUR 263,34 abgebucht.
Nach den AGB des Trivago Hotel Manager Pro ist dieser Ablauf gedeckt:
Zum Glück veranlasste die Vermieterin die Rückbuchung tags drauf. Auf klärende Rückrufbitten hat sie bis heute nichts von Trivago gehört.
Eine Frage der (Firmen)kultur
Rückblick: In einem früheren Interview mit dem Handelsblatt im Oktober 2017 wurde Trivago-Chef Rolf Schrömgens mit den Worten zitiert:
„Der Direktvertrieb ist relativ neu für das Tech-Unternehmen Trivago: Weil dies eine gänzlich andere Firmenkultur erfordert, haben wir den Zweig als Tochter ausgegliedert.“
Ich meine, diese Kultur wollen Sie nicht, Herr Schrömgens. Auf diese Art und Weise saniert man vielleicht Bilanzen, baut aber kein solides Geschäft auf.