Hotelgutschein als Marketinginstrument
Gutscheinmarketing ja, aber Vorsicht bei Plattformen, bitte
Hotelgutschein – dieses einfache Wort löst beim Gast Begehrlichkeit aus, aber leider zu oft auch eine Menge Frust. Für das eigene Marketing eines Hotels können Gutscheine ein interessantes Instrument sein. Geschieht der Einsatz unkontrolliert über Gutscheinvermarkter, gehen die Effekte aber auch leicht nach hinten los.
Nutzen – Was bringt Marketing mit Hotelgutscheinen?
Technisch betrachtet ist ein Gutschein ein Zahl-heute-konsumiere-später-Versprechen des Anbieters an den Käufer. Daraus wird auch schon der erste Nutzen klar:
- Gutscheine schaffen Liquidität
Der Gutschein wird in der Regel beim Kauf schon voll bezahlt, im Gegensatz zu Übernachtungen, die oft erst beim Aufenthalt gezahlt werden. Das ist gerade in den Krisenzeiten ein wichtiger Hebel für mehr Liquidität im Betrieb. - Gutscheine adressieren Zielgruppen
Über thematisch ausgerichtete Gutscheine lassen sich Wunschgäste mit besonderen Vorlieben gezielt adressieren. Wer z.B. die Golfer ansprechen möchte, schnürt Bündel mit Greenfee oder anderen Golf-Services. Wer tagsüber noch Potenzial hat, kann die einheimische Bevölkerung bzw. Tagesgäste anvisieren, mit Gutscheinen für Lunch, Picknick, Day-Spa etc. Mit Rabatt-Gutscheinen lassen sich inaktive Stammgäste, die Jahre nicht mehr gebucht haben, reaktivieren. - Weiterempfehlung – Mund-zu-Mund-Propaganda
Begeistere Stammgäste sind die besten, weil glaubwürdigsten Vertriebsmitarbeiter, das weiß jeder. Mit einem Geschenkgutschein gibt man ihnen ein geniales Instrument in die Hand. Der überzeugte Stammgast schenkt ihn guten Gewissens jemandem, dem er eine Freude machen möchte und signalisiert dabei: dieser Aufenthalt ist etwas ganz Besonderes. Der Beschenke genießt den Aufenthalt, ohne dafür zahlen zu müssen und berichtet seinerseits in seinem Umfeld vom einmaligen Erlebnis. Und Gründe zum Schenken gibt’s genug: Geburtstage, Jubiläen, bestandene Prüfungen, Hochzeiten, … - Gutscheine generieren Zusatzumsätze
Gerade mit Ad-on-Gutscheinen lassen sich Extra-Leistungen verkaufen, die sich ein Gast sonst nicht gönnen würde: Wellness-Behandlung, E-Bike-Tour, Kochkurs mit dem Küchenchef. Ein Candle-Light-Dinner-Gutschein schreit gerade danach, noch eine Übernachtung dazu zu buchen.
Ein Zusatzumsatz der besonderen Art ist die Nicht-Einlösung. Ein bestimmter Anteil an allen ausgegebenen Gutscheinen wird nie vom Gast eingelöst. Sei es, weil er vergessen wird, die Gültigkeit abgelaufen ist oder der Beschenkte kein Interesse hat.
Risiko – Unzufriedene Gäste
Mit Gutscheinen als Marketinginstrument muss man sensibel und planvoll vorgehen, sonst verkehrt sich der Nutzen ins Gegenteil.
Gefahr 1: Schlechte Gasterfahrung beim technischen Einlösen
Egal ob mit einer Systemlösung oder per Hand, zu oft entsteht Frust beim Gast über ungültige Gutschein-Codes, inaktive Deeplinks oder unkundige Hotelmitarbeiter. Es kann schnell mal was schiefgehen. Und der Gast ist da sensibel, immerhin hat er schon vorab – teils vor Jahren bezahlt. Noch schlimmer beim Geschenkgutschein. Welcher Schenker möchte von den Beschenkten die peinliche Rückfrage hören, ob es noch eine Quittung gäbe, weil sonst die Einlösung (oder Reklamation) nicht mehr funktioniere.
Gefahr 2: Schlechte Gasterfahrung bei Gutscheinplattformen
Gerne schalten sich andere Anbieter als Abwickler und Vermarkter für Gutscheine zwischen Hotel und Gast. Das Hotel spart sich die technische Plattform und den Aufwand für die Vermarktung. Leider geht dabei die Kontrolle über den Preis verloren. Das rächt sich. Vor dieser Spielart des Gutscheinmarketings möchte ich an dieser Stelle explizit warnen.
Die Versprechen der Gutscheinvermarkter an den Hotelier klingen eingängig:
„Verdienen Sie jetzt mit Ihren leeren Zimmern Geld und machen Sie sie zusätzlich zu einem kostengünstigen und wirksamen Werbeinstrument.“
Durch Gutscheine soll man preissensible Neugäste ansprechen, ohne den eigenen Preis öffentlich zu unterbieten. Dazu wird ein sehr niedriger Einkaufspreis gefordert, der über Restriktionen gerechtfertigt wird, wie dass
„der Gutschein-Kunde kein Terminrecht hat – Sie alleine bestimmen wann er anreisen darf.“
Die Probleme lauern auf der Seite des Gastes bei der Einlösung. Frust über einen zwar günstig, aber doch bezahlten Gutschein ist vorprogrammiert, wenn
- Das Wunsch-Haus nicht verfügbar ist
- Kein angebotener Termin passt
- Nur die schlechteste Zimmerkategorie angeboten wird
- Für Verpflegungen oder Kinder saftige Aufpreise verlangt werden
In der Wahrnehmung des Gastes ist dann natürlich das Hotel schuld, das sich zu unflexibel zeigt. Darauf angesprochen regierte mir gegenüber ein Hotelier ausweichend: Was solle er tun, er verdiene eh nix mit dem Gutschein, er wisse nicht, zu welchem Preis der Gutschein über welche Plattform verkauft worden sei.
Alle weiter oben beschriebenen positiven Marketing-Effekte beim Hotelgutschein sind dann beim Teufel. Wer es nicht glaubt, muss nur mal die einschlägigen Bewertungsplattformen wie Trustpilot nach Erfahrungen mit Gutscheinvermarktern durchsuchen. Exemplarisch:
Umsetzung – System und Budget
Abschließend seien noch zwei Bereiche zur Umsetzung von Gutscheinmarketing angesprochen: mit welchem System und über welche Werbewege kommt man zum Erfolg?
Gutscheinverwaltung – technische Plattform
Natürlich kann man ausgegebene Gutscheine einfach selber in einer Tabelle verwalten. Bei größeren Betrieben wird das aber schnell unübersichtlich. Wegen der mehrjährigen Laufzeit von Gutscheinen ist viel Sorgfalt und Beständigkeit in der Abrechnung nötig. Technische Gutscheinplattformen bieten die Verwaltung und auch gleich einen Web-Shop für die eigene Webseite.
Spezielle Anbieter im Tourismus sind beispielsweise e-guma aus der Schweiz, incert oder Ongus aus Österreich oder additive aus Südtirol. Einige Hotelmarketing-Systeme wie Websline bieten ein Gutscheinmodul integriert an. Die weit verbreitete Destinationssoftware feratel Deskline hat nun ebenfalls ein Gutscheinsystem, das dann in der ganzen Region eingesetzt werden kann. In diesem Artikel beschreibt die Marketingagentur Mediekraft Anforderungen und Anbieter von Gutscheinsystemen.
Bei der Auswahl eines Systems gilt es wie immer, zunächst über die eigenen Anforderungen klar werden, dann erst mögliche Anbieter vergleichen.
Marketing – Gutscheinverkauf ist kein Selbstläufer
Wenn der Vertrieb von Gutscheinen eben nicht über Vermarktungsplattformen erfolgt, muss man selber für ausreichend Nachfrage sorgen. Dazu gehören eigene Werbemaßnahmen im Budget geplant. Social Media eignet sich besonders gut, um die eigenen Stammgäste anzusprechen. Mehr über Social Media Marketing für Hotels schreibe ich in dieser Artikel-Serie.
Auch Newsletter erreichen die Zielgruppe der Stammgäste effizient. Der Klassiker: Kurz vor Weihnachten auf Geschenkgutscheine abzielen.
Mehr zum Newslettermarketing für Hotels in der Artikel-Serie auf eCoach.at.
Ein moderner Gutscheinshop muss auf der Webseite prominent platziert werden, damit er vom Besucher auch gefunden wird.
Mehr Tipps zum Optimieren der Webseite für Hotels und Appartement-Anbieter in diesem Artikel auf eCoach.at.
Fazit: Gutscheine können also das Marketing für das eigene Hotel sehr wirkungsvoll unterstützen. Der Aufwand für die Gutscheinverwaltung und den Verkauf muss von Anfang an mit bedacht werden. Wer denkt, eigene Gutscheine fremden Vermarktern überlassen zu können, sollte Vorsicht walten lassen.
Offenlegung: Ich bin Mitarbeiter der Firma feratel, schreibe auf eCoach.at jedoch unabhängig von geschäftlichen Interessen und nach bestem Wissen und Gewissen.